Marktkommentar – 4. Quartal 2021

Leon Christian BreuerMarktkommentare, Top-News

Licht und Schatten

Gegen alle Störfaktoren geht 2021 als gutes Börsenjahr in die Geschichte ein. Den notwendigen Treibstoff für die Aufwärtsbewegung seit dem Corona-Crash hatten die Zentralbanken durch eine überbordende Versorgung der Märkte mit Liquidität beigesteuert. Im Sommer 2021 begann Inflationsangst ihren Schatten auf die Börsenlandschaft zu werfen, und auch die Covid-19-Viren haben noch nicht ihre letzte Welle ausgelöst.

Jahresrückblick

Das Börsenjahr 2021 war grundsätzlich ein gutes Jahr für Index-Investoren. Vor allen Dingen in den USA. Es war auch ein gutes Jahr für den Einsatz unserer Risikomanagement- Modelle, denn sie wurden nicht gebraucht. Die Märkte waren so stabil, dass die systematisch errechneten Risikobewertungen nur selten zu kleineren Teilrückzügen aus den Märkten führten. Zudem waren auch die Währungstrends stabil. G&W- Fonds, die nicht in EUR, sondern z. B. in USD investierten, konnten erhebliche Zusatzgewinne auf der Währungsseite erzielen. In diesem Umfeld hat die neue Anlagestrategie unseres ältesten Fonds – er war der erste vermögensverwaltende Mischfonds mit aktivem Risikomanagement in Deutschland – ein sensationelles (eigentlich vermeiden wir dieses Wort, aber in diesem Fall trifft es zu) Comeback hingelegt. Es hätte ein herausragend gutes Jahr sein können, falls wir all dies auch von der Wertentwicklung der einzelnen Aktien sagen könnten. So war es aber nicht. An der Oberfläche der Indizes erschien die Welt stabil. Unterhalb dieser Oberfläche ging es turbulent zu, denn der Kursverlauf von zu vielen Aktien war nicht stabil, sondern startete Höhenflüge, nur um anschließend abzustürzen, oder sich die Zeit für irritierend starke Korrekturphasen zu nehmen. BioNTech kann als Beispiel für solch einen Kursverlauf gelten, ebenso wie viele Aktien aus dem Sektor der erneuerbaren Energien. Die Folge war, dass die Performance der Fonds mit SDG-Universum im Jahr 2021 enttäuscht hat. Besonders auffällig war es bei unserem ersten Nachhaltigkeitsfonds. Er war schließlich drei Jahre lang unser erfolgreichster Fonds. Im Jahr 2021 hatte er keine Chance. Wird er im neuen Jahr wieder an seine Erfolge anknüpfen können? Wir sehen gute Chancen. Schließlich hat er gezeigt, dass er es kann. Dennoch gibt es nur eine Antwort, die niemals falsch ist. Wir diversifizieren für unsere Kunden in der Vermögensverwaltung. Falls die Diversifikation im Nachhaltigkeitsbereich erfolgen soll, wird sich unser neuer CO2-Fonds dafür anbieten. Sein Anlageuniversum wird die Klimaziele von Paris mit + 1,5 Grad einhalten können. Das Anlagejahr 2021 war mit Blick auf stabile Wertentwicklungen bei einzelnen Aktien daher ganz anders als das Jahr 2020, in dem z. B. Tesla einen sensationellen Lauf zeigte und zur ersten Aktie in G&W-Fonds wurde, die mehr als 1.000 % Kursgewinn erzielen konnte. Ein Jahr ist das erst her, doch es scheint eine andere Welt gewesen zu sein. Es war eine Welt, in der sich die Meinung durchgesetzt hatte, das die extreme Versorgung der Märke mit Liquidität nur zu steigenden Kursen führen könne. Die volkswirtschaftlichen Prognosen setzten mit ihren Wachstumsannahmen darauf, dass diese Liquidität im Jahr 2022 zu Aufholeffekten und einem enorm starken Wachstum führen würde.

Jahresausblick

Vergleicht man diese Prognosen mit einer Wettervorhersage, dann sind im besten Sommerwetter Wolken am strahlend blauen Himmel aufgezogen. Sie werfen Schatten, und im Hintergrund des Bildes liegt die Bedrohung einer Wolkenbank, die das gesamte Börsenwetter verändern kann: Inflation, und die Reaktion der Zentralbanken auf dieses Szenario. Alle Marktteilnehmer stellen sich daher die Frage, ob die Börsen nach 21 Monaten Aufwärtsbewegung auf ein Unwetter zusteuern, oder ob der Kurs daran vorbeiführt. Wie immer gibt es zwei Meinungen. Die Optimisten glauben daran, dass die Unternehmen ihre Preisvorstellungen in diesem Marktumfeld durchsetzen können und es einen starken Gewinn- und Kursanstieg geben wird. Die Pessimisten glauben, dass die Zentralbanken aus der Sorge vor einer aus dem Ruder laufenden Inflation den traditionellen Mustern folgen, die Zinsen erhöhen und dem Markt Liquidität entziehen werden. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass dies zu einer Trendumkehr oder zumindest einer starken Kurskorrektur führen kann. Die Börsen haben im Herbst 2021 bereits zweimal Kurs auf eine Trendwende genommen. Die erste Abwärtswelle lief im September durch den Markt, die zweite Welle im November. In beiden Fällen stoppte nach einer Abwärtsbewegung von ca. 5 % erneutes Kaufinteresse den Kursrückgang. Rückschlüsse auf den weiteren Verlauf der Börsen können daraus nicht zwingend gezogen werden. Die Optimisten werden sich bestätigt sehen und sagen, dass die Märkte nicht fallen können. Die Pessimisten werden in den Marktbewegungen Gefahr und näher kommende Einschläge sehen. Der Jahresverlauf 2022 wird zeigen, welches Szenario Unterstützung durch die Fakten bekommt. Möglicherweise werden beide Seiten nicht ganz falsch und auch nicht ganz richtig mit ihren Annahmen liegen. Die Zentralbanken könnten die Zinsen anheben und Liquidität aus den Märkten abziehen – dies aber so behutsam, dass es keine Verwerfungen gibt. Zudem könnte sich die Dynamik der Inflationsentwicklung abschwächen. Doch selbst wenn es letztendlich so kommen würde, könnte der Weg bis dahin so holprig verlaufen, dass sich die Zweifel an einem guten Ausgang aufschaukeln und zu so stark fallenden Kursen führen, dass die Angst vor dem, was da noch kommen könnte, den Blick auf die Chancen des Marktes verstellt. In einem solchen Szenario wird dann auch das G&W-Risikomanagement wieder gebraucht werden.

Nachhaltigkeit

Neben der Dauerfrage nach der Richtung der Börsen ist aktuell Nachhaltigkeit das große Thema des Markes. Die Klimaveränderungen werden mittlerweile auch in der politischen Mehrheitsmeinung als große Gefahr angesehen. Ein Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft, die so schnell wie möglich kein CO2 mehr ausstoßen sollen, wird aber nur finanzierbar sein, falls dafür möglichst viele Geldmittel mobilisiert werden. Es muss daher politisch gewollt sein, dass bei jeder Kapitalanlageentscheidung auch die Nachhaltigkeitsfrage gestellt wird. Ab dem Sommer 2022 wird daher bei jeder neuen Anlageentscheidung gefragt werden müssen, ob der Anleger Nachhaltigkeitsrisiken in seinen Anlageentscheidungen berücksichtigen möchte. Es wird nicht bei einer einfachen Frage bleiben. Die Aufsichtsbehörden für den Finanzsektor geben Richtlinien vor, nach denen Fragen so zu stellen sind, dass es Anlegern möglich werden soll, sich ein differenziertes Bild von den großen Themenfeldern der Nachhaltigkeit machen zu können. Der Begriff der Nachhaltigkeit wurde zuerst in der Forstwirtschaft gebraucht. Wer nicht wieder aufforstet, wird in Zukunft kein Holz mehr schlagen können. Es braucht ein Gleichgewicht zwischen Verbrauch und Wachstum. Alles andere ist Raubbau. Die historischen Bilder aus dem Umland der alpenländischen Montanindustrien sprechen eine klare Sprache. Heute wird der Begriff differenzierter gebraucht. Die drei Buchstaben ESG haben sich aus der englischen Sprache eingebürgert. Sie stehen für Umwelt, die sozialen Beziehungen der Menschen in den Unternehmen und eine gute Unternehmensführung.

SDG

Drei neue thematische Ausrichtungen haben diese allgemeine Sicht in den vergangenen Jahren konkretisiert. Der Begriff der SDG steht für die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen. Alle Menschen sollen frei von Hunger, mit Zugang zu ärztlichen Dienstleistungen und Bildung, sowie in gerechten staatlichen Strukturen leben können. Eine Angleichung der ungleich verteilten Chancen im Leben der Menschen soll entstehen, bei Wachstum und nachhaltigem Einsatz von Ressourcen. Gemeinsam mit Partnern haben wir vor vier Jahren den ersten Investmentfonds in Deutschland aufgelegt, der sich diese SDGs hat in die Besonderen Anlagebedingungen schreiben lassen. Damals war es ein Novum. Heute ist es zum Standard geworden, die SDGs in den Mittelpunkt einer nachhaltigen Fondsstrategie zu stellen.

CO2

Gäbe es das Covid-19-Virus nicht, dann wären die CO2 Emissionen das eine und große Thema, um das sich die politische Welt dreht. Die Klimaziele von Paris sind zum Maßstab aller Dinge geworden. Gemeinsam mit „right. based on science“, einem innovativen FinTech aus Frankfurt, das sich dieser Thematik auf dem höchsten wissenschaftlichen Niveau verschrieben hat, haben wir zwei Fondsstrategien entwickelt. „right. based on science“ stellt das Anlageuniversum, das alle Sektoren der Volkswirtschaft umfasst und dennoch die Klimaziele von Paris bereits jetzt einhalten kann. ESG Portfolio Management (Europa) und die Steyler Ethik Bank (Global) analysieren diese Universen und schließen Unternehmen aus, die zwar auf dem CO2 Gebiet führend sind, andere Nachhaltigkeitsaspekte aber signifikant verletzen. Das Ergebnis werden zwei neue Fondsstrategien sein, die wir in den nächsten Wochen vorstellen können.

Biodiversität

Hier könnte man nun fragen, ob wir keine anderen Sorgen hätten. Biodiversität? Die Vielfalt des biologischen Lebens um uns herum? Die Frage mag auf den ersten Blick zwar auf der Hand liegen, die Antwort hat es aber in sich. Wer sich mit ihr auch nur im Ansatz auseinandersetzt, wird sofort feststellen, dass es auch hier um Alles oder Nichts geht, und z. B. die Ernährung der Menschen zu einem erheblichen Grad von der Bestäubung durch Insekten abhängt – wobei dieser Aspekt nur die Spitze des Eisbergs ist. Wir haben Biodiversität in das Zentrum unserer nächsten Fondsstrategie gestellt, arbeiten mit Partnern intensiv daran und haben dabei einen neuen Blick auf die Vielfalt des Lebens in der Welt werfen dürfen.

 

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